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Kritiker sehen im neuen ungarischen Mediengesetz einen gewaltigen Einschnitt in die Presse- und Meinungsfreiheit und sprechen von einem "drakonischen Gesetz". (Symbolbild)

Foto: EDWIN MONTILVA/REUTERS

Das neue ungarische Mediengesetz, das am 1. Jänner 2011 in Kraft tritt, ruft international große Empörung hervor: Dieses „drakonische Gesetz" stelle die Bevormundung und Kontrolle der Medien in den Vordergrund und verletze klar die Menschenrechte, zu denen sich jedes EU-Mitgliedsland verpflichtet, kritisiert die Europasprecherin der Grünen und Abgeordnete im Europäischen Parlament, Ulrike Lunacek, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.

Schaffung einer Zensurbehörde

Mit einer neu geschaffenen Kontrollbehörde, deren Mitarbeiter der Regierungspartei angehören und nicht an Parlamentsbeschlüsse gebunden sind, ermöglicht das neue Gesetz dem Staat, in Zukunft den redaktionellen Inhalt der Medien zu beeinflussen. Bei Verstößen können private Medien durch hohe Geldstrafen von umgerechnet 36.000 bis 720.000 Euro in den Ruin getrieben werden - oppositionelle Medien seien damit zum Scheitern verurteilt, heißt es von Balint Pinczes vom Vorstand der ungarischen Grünen (LMP) am Mittwoch in Wien. Das Gesetz sei ein klarer Einschnitt in die Medien- und Meinungsvielfalt und begünstige ein regierungsfreundliches Medienmonopol. Die neue Regulierung richte sich gegen alle, „die nicht die Fidesz-Meinung vertreten", sagt Pinczes. Darüber hinaus würden viele Passagen des Gesetzestextes unklar bleiben. "Selbst Medienmanager wissen nicht, wie weit das Gesetz geht und sind besorgt", so Pinczes. 

Empört zeigt sich auch die Österreichische Journalistenvertretung. Das neue Gesetz sehe die Schaffung einer Zensurbehörde und die Aufhebung des Redaktionsgeheimnisses vor, behauptet der Präsident der Journalistengewerkschaft, Franz C. Bauer. Ungarn stelle sich "mit diesem Gesetz auf die Stufe einer diktatorischen Bananenrepublik", so Bauer.

Auch Medien in Österreich betroffen

Besonders bedenklich findet der Gewerkschafter, dass dadurch auch die Meinungsfreiheit in Österreich eingeschränkt werden könne. "Wenn wir über Ungarn berichten, kann es sein, dass wir auf Basis dieses Gesetzes verurteilt werden". Für ihn sei es daher unverständlich, dass die österreichischen Politiker noch nicht reagiert hätten.

Auch Lunacek verlangt von Vizekanzler Josef Pröll und Außenminister Michael Spindelegger klare Worte zur Situation in Ungarn. Ihre Hauptforderung richtet die Grüne allerdings an die Europäische Volkspartei (EVP), zu deren Fraktion sich auch die ungarische Regierungspartei FIDESZ zählt. Der außenpolitische Sprecher im Europaparlament und CDU-Politiker Elmar Brok hätte bereits festgestellt, dass Artikel 7 des Vertrags von Nizza angewendet werden könne, meinte Lunacek. Dies könne im Ernstfall dazu führen, dass der EU-Rat einstimmig beschließt, Ungarn das Stimmrecht zu entziehen. Gespräche mit anderen Fraktionen im europäischen Parlament diesbezüglich würden laufen. Das sei zwar nur die letzte Möglichkeit, "wenn die EU und die Europäische Volkspartei (EVP) hier nur zuschauen, muss dieser Schritt aber gesetzt werden", so Lunacek.

EU dürfe dies nicht dulden

Die EU-Parlamentarierin weist die Kritik, die EU solle sich nicht in nationale Angelegenheiten einmischen, klar zurück. Mit dem neuen Mediengesetz offenbare das Land „Züge eines autoritären Regimes, das wir nicht dulden dürfen", sagt die Grüne. „Hier geht es um die Verteidigung europäischer Grundwerte und Ungarn ist Teil dieser Union", fährt Lunacek fort. Wenn sie sich vorstelle, dass Ungarn, das am 1. Jänner die EU-Ratspräsidentschaft übernehme, Verhandlungen über die Erweiterung der EU führen werde, stehe die Glaubwürdigkeit der EU auf dem Spiel, sagte Lunacek. (Daniela Neubacher/derStandard.at/APA)